Schreibtipp: Warum Sie Ihrem geheimnisvollen Mörder eine größere Rolle geben sollten

In vielen Krimis wird der Täter am Ende als jemand entlarvt, der zuvor schon eine Rolle gespielt hat. Das ist grundsätzlich gut, da die Leser ihn oder sie wiedererkennen. (Das Gleiche gilt für Romane jedweden Genres, sofern darin ein Geheimnis und ein Geheimnisträger zu entlarven sind.)

In vielen Fällen jedoch, so auch in Robert Crais’ »The Two Minute Rule«, entpuppt sich der Täter als eine unbedeutende Nebenfigur. Das ist okay, aber es ginge besser. Und zwar dann, wenn der Täter eine größere Rolle spielen würde.

Warum ist das besser?

Weil die Leser diese Figur nicht nur wiedererkennen. Sondern eine Beziehung zu ihr aufgebaut haben, eine Haltung und Emotionen zu ihr entwickeln konnten. Wird sie nun als Täter entlarvt, führt das entsprechend zu intensiveren Emotionen in den Lesern.

Warum tun Autoren das oft dennoch nicht?

Weil es mehr Arbeit macht oder machen könnte. Etwa, um die Figur unverdächtiger zu gestalten und ihr ein (falsches) Alibi zu verschaffen.
Andererseits hat die größere Rolle – neben der engeren Beziehung der Leser – den Vorteil, dass Sie mehr Möglichkeiten haben, Hinweise zu verstecken und Andeutungen, Gefühle zu säen, die Sie am Ende die Leser auf für sie höchst befriedigende Weise ernten lassen.

Fazit

Die Vorteile einer größeren Rolle für den Täter überwiegen zumeist die Nachteile.

Lösung für Ihren Roman

Die Rolle können Sie auch noch in der Überarbeitung vergrößern. Indem Sie den Täter beispielsweise detaillierter vorstellen, um den Lesern sofort die Gelegenheit zu geben, eine Haltung zu der Figur zu entwickeln. In Crais’ Roman wird die Figur des Täters als sympathisch und sanft eingeführt, kein offensichtliches Mördermaterial.
Sie können der Täterfigur in einem Dialog mehr Redebeiträge geben oder ihr in einer vorhandenen Szene mehr Anteil an der Handlung geben. Oder Sie lassen Sie in einer oder zwei Szenen mehr mitspielen.
Entscheidend ist, dass Sie die Figur lebendig machen, ihr Eigenheiten geben, die die Leser nicht kalt lassen. Aber, und jetzt kommt das Anspruchsvolle daran, eine Figur erschaffen, die nicht gleich vergessen wird, aber dennoch nicht ganz vorn in der Erinnerung der Leser hocken bleibt. Oder die zwar in Erinnerung bleibt, jedoch als Täter nicht infrage zu kommen scheint.

Da Sie nun, Sie sind ja schon in der Überarbeitungsphase, genauer wissen, was wie passiert, können Sie diese größeren Anteile entsprechend behutsam anpassen, darin beispielsweise dafür sorgen, dass die Figur als besonders unverdächtig erscheint.
Auf diese Weise werden Ihre Leser am Ende nicht nur nicken und sagen: »Ah, der war’s also. Gut.« Sondern sie werden ausrufen: »Dieser Drecksack! Das hätte ich mir denken können!« oder »Was? Nein? Nein! Nicht die friedliche Mathilde, niemals! Das hätte ich nicht erwartet.« Eine starke emotionale Reaktion – exakt das, was Sie aus Ihren Leser herauskitzeln wollen.

Weiterführende Lektüre zum Plotten Ihres Romans

Plot & Struktur

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