„Silence“, der neue Film von Martin Scorsese, hat mich ziemlich gelangweilt. Das lag an dem passiven Protagonisten, aber es lag auch an etwas anderem, in diesem Fall Gewichtigeren. Ein Thriller will dieser langsame Film über katholische Missionare im Japan des 17. Jahrhunderts ja gar nicht sein.

Der Knackpunkt waren für mich die Emotionen. Mir fiel es schwer, mit den Missionaren mitzufühlen. Schließlich sind Missionare traditionell Störer und Zerstörer und versuchen, anderen ihre Überzeugung aufzudrücken. Das hat etwas Herablassendes. Auch waren Missionare für unendlich viel Leid verantwortlich (daran ändert auch die Tatsache nichts, dass viele Missionare Gutes getan haben und tun — wobei die Frage, was „Gutes“ ist, ja auch keine absolute Antwort hat).
Wenn nun ein Missionar gezeigt wird, der mit dem Problem hadert, seinem Glauben abzuschwören, um damit das Leben von der japanischen Inquisition verfolgter Christen zu retten, dann ist das für mich kein nachvollziehbares Problem. Trete ich auf eine Ikone und rette damit vier Leben? Natürlich tue ich das. Wo ist da das Dilemma? Ich tue es, wenn ich nicht gläubig bin, und ich tue es, wenn ich gläubig bin, denn dann ist es doch meine Pflicht als Christ.

Für Ihren Roman heißt das, dass Sie die zentralen Entscheidungen und Dilemmas, in die Sie Ihren Protagonisten schicken, unter möglichst vielen Blickwinkeln betrachten sollten. Ist das Dilemma nur eins für Ihre Heldin? Nur eins für Sie als Autor? Oder tatsächlich eins, das für die Mehrzahl Ihrer Leser ebenfalls ein echtes, nachvollziehbares und damit empathieanregendes Dilemma ist? Hier helfen oft und nur Testleser, die eigene Betriebsblindheit sollten Sie dabei nicht unterschätzen. Zumal an solchen zentralen Dingen ja oft das Wohl und Wehe Ihres ganzen Romans hängen kann.

Falls Sie gar keine schwierigen Entscheidungen oder Dilemmas/Zwickmühlen in Ihrem Roman drin haben, sollten Sie das schleunigst ändern. Kaum ein anderes Instrument kann für so viel Spannung sorgen.