Arrival. SF. Regie: Denis Villeneuve. USA 2016
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Diesen Film dürfte es nicht geben. Ich meine, ein SF-Film mit Aliens — ohne Action, Kampfhandlungen und eine Überdosis Spezialeffekte? Ein SF-Film, wo es zentral um Sprache geht, um harte Linguistik und wie man sich mit Aliens verständigt? Ein SF-Film, wo die Hauptfiguren während des ganzen Films nicht mal eine Waffe in der Hand haben? Wo sie nicht mal jemanden ohrfeigen? Keine Marines rufen „Showdown“ oder „Rock’n’Roll, kein Alien jagt sie durch die dunklen Gänge verlassener Raumschiffe.

Dennoch fesselt Arrival. Und: Gerade deswegen. (Von den tollen Bildern mal abgesehen, die Villeneuve grandios inszeniert hat.) Und das lehrt uns einiges über das Schreiben.

Die Filmemacher kontrastieren das gewaltige Thema „Zwölf gigantische Raumschiffe von Außerirdischen landen auf der Erde“ mit dem Blick einer gewöhnlichen Frau. Man weiß als Zuschauer nie mehr als die Protagonistin Louise Banks (dargestellt von der wundervollen Amy Adams).
Der Film ist nahe bei dieser Frau und ihren Emotionen. Wir erleben eine Frau, die Angst hat, die ratlos ist und überfordert mit der riesigen Aufgabe, eine vollkommen fremde Sprache in kurzer Zeit genau genug zu enträtseln, um den Weltuntergang zu verhindern, oder eine Invasion oder was auch immer die Aliens schlimmstenfalls vorhaben. Wir erleben eine Frau, die (scheinbar) eine schreckliche Vergangenheit, nämlich den Tod ihrer noch nicht mal erwachsenen Tochter, verarbeiten muss.

Der Film macht noch etwas sehr gut: Er nimmt den Zuschauer an der Hand und lässt ihn den ganzen Militärapparat rund um das Auftauchen der Aliens und die Annäherung an das Schiff und schließlich den Erstkontakt mit den Aliens Schritt für Schritt erleben. So etwas nennt man Suspense. Man weiß als Zuschauer nicht, was auf die Protagonistin, mit der man sich identifiziert, zukommt — und damit auch auf einen selbst.

Der Film ist nicht perfekt. Insbesondere die Problematik beim Thema Zeit wie in „Zeitreisen“ (ohne zu viel zu verraten) wird hier für viele „Hä?“ bei den Kinogängern sorgen. Aber Suspense, authentische Emotionen, überhaupt realistisch wirkende Handlungen und seine Neuartigkeit sorgen mit den tollen Bildern dafür, dass man das Kino mit dem Gefühl verlässt, etwas Besonderes erlebt zu haben.

Gerade Autoren von SF und Fantasy können aus diesem Film etwas mitnehmen: Eine fremde Welt wird nicht in erster Linie durch ihre Darstellung, durch üppige Beschreibungen und viel Action lebendig. Sondern durch die Augen von Charakteren, die das Fremde in dieser Welt für den Leser erleben und es, stellvertretend für ihn, ergründen. Und wie Arrival sollten Sie sich die Zeit dafür nehmen. Haben Sie den Leser erst einmal so tief und überzeugend in Ihrer Welt drin, folgt er Ihnen anschließend gespannt in jedes Abenteuer.

Und noch etwas: Wenn Sie eine Geschichte schreiben, die im weitesten Sinne mit Zeitreisen zu tun hat, müssen Sie logisch Abstriche machen. Ich kenne keine Zeitreisegeschichte, die in sich hundert Prozent schlüssig und logisch ist. Manche Leser stört das, andere nicht. Inwiefern es Sie stört, müssen Sie selbst entscheiden.
(Sehr viele Autoren haben ja schon massive Probleme mit der Logik in ihrem Roman, ganz ohne Zeitreisen …)