Ich freue mich, Ihnen heute einen Gastartikel von Richard Norden präsentieren zu können. Richard Norden ist einer der produktivsten und kompetentesten Experten fürs Schreiben und Selfpublishing, die im Web aktiv sind. Richard Norden schreibt über aktuelle Entwicklungen im Selfpublishing, die Autoren ab 2015 erwarten werden, und über den Dauerbrenner „Welches ist der richtige Preis für mein Buch?“ Dazu gibt er zahlreiche Tipps für Selfpublisher und berichtet von seinen eigenen Erfahrungen mit Mitteln der Preisgestaltung.

Selfpublishing Tipps Preisgestaltung: Von Buchpreisen, Flatrates und Gratisaktionen

Ob man es als Autor mag oder nicht – es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass sich die Selfpublishing-Welt in letzter Zeit wieder einmal dramatisch verändert.
Dabei fallen gleich mehrere Faktoren zusammen: zum einen die indirekte Mehrwertsteuererhöhung zum Jahreswechsel, die Amazons bisherige Steuervorteile kappt und damit tiefe Einschnitte im Geldbeutel der Indie-Autoren hinterlässt, und auf der anderen Seite der Vormarsch der Lese-Flatrates.
Die frühere, übertrieben optimistische Einschätzung, dass es sich bei eBooks um einen Goldrausch handelt, ist mittlerweile desillusionierter Ernüchterung und einem immer härter werdenden Kampf um Marktanteile gewichen. Genau wie es im Zeitalter der Industrialisierung immer mehr Menschen gab, die ihre Arbeitsleistung noch billiger als andere anboten, um überhaupt noch einen Job zu bekommen, hat sich auch bei eBooks ein regelrechter Preiskampf entwickelt.

Selfpublishing Tipps Preisgestaltung: Preiskampf bei eBooks

Natürlich kann man den Preiskampf bei eBooks nicht mit den Sonderangeboten und Preisaktionen im normalen Einzelhandel vergleichen. In Deutschland verhindert ja die Buchpreisbindung, dass ein und dasselbe Buch in unterschiedlichen Shops zu unterschiedlichen Preisen angeboten wird.
Den Preiskampf auf dem eBook-Markt liefern sich nicht die Händler, sondern die Autoren. Noch nie war es so einfach wie heute, sein selbst geschriebenes Buch auch ohne einen Verlag als eBook in die virtuellen Ladenregale der Online-Buchhändler zu bringen. Das führt nicht nur dazu, dass das Schreiben zu einem immer beliebter werdenden Hobby wird, sondern auch dazu, dass der Markt mit einer immer größer werdenden, schier unüberschaubaren Flut an eBooks überschwemmt wird.
Und während es natürlich immer noch die großen Namen gibt, Bestsellerautoren wie Sebastian Fitzek, dessen neues Buch „Passagier 23“ sich trotz eines stolzen Preises von 14,99 € in den Top 10 der Kindle-Charts hält, versuchen parallel dazu immer mehr Autoren, mit Dumping-Preisen um die Aufmerksamkeit der Leser zu buhlen.

Da bieten Autoren ihr einziges Buch hartnäckig immer wieder kostenlos bei Amazon an, um auf ein paar Downloads (und vielleicht die eine oder andere Rezension) zu kommen – oft ohne sich dabei Gedanken darüber zu machen, dass sie sich damit keinen Gefallen tun. Denn selbst wenn sie so einen Leser für ihr Buch begeistern können, haben sie kein zweites Buch, das dieser Leser spontan kaufen könnte, bevor er den Autor durch die Flut neuer kostenloser Bücher wieder vergisst.
Ganz zu schweigen davon, dass die meisten kostenlos heruntergeladenen Bücher ohnehin niemals gelesen werden, sondern nur gehamstert – für später, das bekanntlich niemals kommt.

Auch 99-Cent-Aktionen sind mittlerweile zu einem regelrechten Standard geworden. Hatten Autoren ihre neuen eBooks früher bestenfalls für 1-2 Tage zum Sonderpreis von 99 Cent angeboten, um ihren Stammlesern ein Schnäppchen zu ermöglichen und dem Buch einen steilen Start in die oberen Verkaufsränge zu sichern, wird die 99-Cent-Phase mittlerweile bei vielen Büchern immer länger – und trägt damit ebenso wie der ausufernde Umgang mit Gratisaktionen zu einer Entwertung der Bücher bei.

Viele Autoren haben sich angewöhnt, ihre Bücher alle paar Monate mal für ein paar Tage für 99 Cent anzubieten, um die schwächelnden Verkäufe wieder anzukurbeln. Doch eine solche Taktik kann auch nach hinten losgehen.

Es gibt mittlerweile immer mehr Leser, die prinzipiell kein Vollpreisbuch eines Autors mehr kaufen, der immer wieder 99-Cent- oder gar Gratis-Aktionen seiner Bücher anbietet. Es ist für diese Leser u.a. auch durch Seiten wie Xtme.de sehr einfach, diese Gratis- oder Billig-Aktionen im Auge zu behalten – denn schließlich werden diese von den Autoren sogar noch intensiv beworben, damit sie überhaupt Wirkung zeigen. Also warten die Leser einfach, bis sie das neue Buch des Autors gratis oder für unter einem Euro nachgeworfen bekommen – und meist müssen sie darauf nicht allzu lange warten.

Durch diesen Preiskampf wird es für Autoren immer schwerer, vom Schreiben leben zu können oder sich auch nur einen guten Nebenverdienst damit aufzubauen. Erst kürzlich ergab in England eine Umfrage der ALCS (The Authors‘ Licensing & Collection Society) unter knapp 2500 Autoren, dass der Prozentsatz der Schriftsteller, die noch vom Schreiben leben können, in den letzten zehn Jahren um fast 75% gesunken ist. Das Jahreseinkommen eines professionellen Autors in England liegt im Schnitt nur noch bei knapp 15.000 Euro und damit deutlich unter dem Mindestlebensstandard. Und wir reden hier nicht von Hobby- und Freizeitautoren…

Der immer geringere Prozentsatz jener Autoren, die noch vom Schreiben leben können, hängt natürlich auch mit der Flut neuer Hobbyautoren zusammen, die Tag für Tag mit ihren Werken auf den Markt strömen. Nicht nur, dass viele dieser Bücher gar nicht oder nur mangelhaft lektoriert sind und damit den Ruf aller selbstverlegender Autoren in Mitleidenschaft ziehen – viele dieser Hobbyautoren sind schon froh, dass ihr Buch am Markt verfügbar ist, und wären auch gerne dazu bereit, ihr Buch zu verschenken. Was sie über Gratisaktionen dann auch gerne und reichlich tun.

Dieser Preisverfall bei eBooks (gekauft wird nur, was gar nichts oder höchstens 99 Cent kostet) lässt nicht nur die Einnahmen der Autoren in den Keller stürzen (da selbst Amazon in dieser Preiskategorie nur 35% Tantiemen zahlt), sondern gefährdet auch die Qualität der Bücher.

Denn wenn jemand erst mal 10.000 Exemplare seines Romans zu 99 Cent verkaufen müsste, um auch nur die 3.000 Euro für ein vernünftiges Lektorat wieder herein zu bekommen, kann man es keinem Autor verübeln, wenn er dieses Geld nicht in die Hand nehmen möchte, sondern sich stattdessen lieber auf das Feedback von ein paar Betalesern und die Rechtschreibprüfung seiner Textverarbeitung verlässt. Denn erstens schaffen es nur die wenigsten Autoren, dermaßen viele eBooks zu verkaufen,
und zweitens will selbst der engagierteste Autor auf Dauer kein Geld drauflegen.

Billig und Qualität sind eben zwei Dinge, die zumindest auf lange Sicht nicht miteinander vereinbar sind.

Die einzige Gegenmaßnahme gegen diese Teufelsspirale ist, aus dem breiten Strom der anderen Autoren auszuscheren und gegen den Strom zu schwimmen. Bücher nicht über einen besonders billigen Preis, sondern über Qualität, einen packenden Werbetext und ein hochwertiges, ansprechendes Cover zu verkaufen. Wenn Cover und Werbetext es schaffen, einen potentiellen Leser erst einmal dazu zu bringen, dass er sagt „Klingt toll – das muss ich lesen!“ spielt der Preis nur noch eine untergeordnete Rolle.

Damit will ich nicht sagen, dass Indie-Autoren sich in der Preisklasse von Fitzeks Bestseller ansiedeln sollten, doch auch Preise von 3,99 € oder 4,99 € sind kein Hindernis, das einen wirklich interessierten Leser vom Kauf abhält. Und durch die höheren Tantiemen (70% statt 35%) verdient man als Autor an einem Buch für 4,99 € nicht nur fünfmal so viel wie an einem 99-Cent-Buch, sondern sogar zehnmal so viel.

Das bedeutet, dass man mit einem Preis von 4,99 € für seinen Roman, selbst wenn die Anzahl der verkauften Exemplare um 80% sinkt, auf lange Sicht immer noch doppelt so viel verdient, als wenn man sich auf den 99-Cent-Preiskampf eingelassen hätte.

Zudem kann ein höherer Preis von 3,99 € oder 4,99 € manchmal sogar die Umsätze ankurbeln, da man mit diesem Preis schon optisch aus der Masse der Titel für 0,99 € oder 2,99 € hervor sticht. Man zeigt als Autor, dass man genug Vertrauen in die Qualität seines eigenen Buchs hat, um dafür einen etwas höheren Preis als der Durchschnitt zu verlangen. Wobei das Buch selbstverständlich gut genug sein muss, um diesen Preis auch zu rechtfertigen.

Selfpublishing Tipps Preisgestaltung: Lese-Flatrates – Fluch oder Segen?

Die andere Gefahr für die Einnahmen von Schriftstellern sind die Leseflatrates, die von diversen Anbietern wie Scribd, Skoobe und neuerdings auch Amazon angeboten werden: Für einen festen monatlichen Betrag darf der Leser beliebig viele im Abo enthaltene Bücher ausleihen und lesen.
Gerade die Einführung von „Kindle Unlimited“ von Amazon tangiert natürlich den für Autoren wichtigsten eBook-Markt: die Kindle-Verkäufe. Bei „Kindle Unlimited“ bezahlt der Leser eine monatliche Pauschale von 9,99 € und kann dafür so viele Bücher aus der Kindle-Unlimited-Bibliothek ausleihen, wie er möchte – sogar bis zu zehn Bücher gleichzeitig.

Wer als Autor sein Buch für KDP Select angemeldet hat, um beispielsweise sein Buch an bis zu fünf Tagen pro Quartal kostenlos anbieten zu können, stellt sein Buch damit gleichzeitig auch für die Ausleihe über Kindle Unlimited zur Verfügung. Und das kann, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann, gravierende Auswirkungen auf die eigenen Verkäufe haben.

Viele Autoren, die ihre Bücher auch über Kindle Unlimited anboten, mussten gravierende Einbrüche bei ihren Verkäufen feststellen. So berichtet die amerikanische Bestsellerautorin Holly Ward (H.M. Ward), die mit über 6 Millionen verkaufter eBooks seit 2011 zu den ganz großen Namen im Geschäft gehört, dass sie durch Kindle Unlimited schlagartig 75% ihrer Umsätze verlor und selbst jetzt, nachdem sie ihre Titel wieder aus Kindle Unlimited zurückgezogen hat, nur noch mit viel Arbeit und Mühe zumindest auf 50% ihrer ursprünglichen Umsätze kommen konnte.

Auch ich musste feststellen, dass die Summe an Ausleihen und Verkäufen nicht größer ist als die Anzahl der reinen Verkäufe, die ich vor der Anmeldung meiner Bücher für KDP Select / Kindle Unlimited verzeichnen konnte. Die Ausleihen kannibalisieren lediglich die Verkäufe, und das ist aufgrund der deutlich niedrigeren Tantiemen für Ausleihen ein klares Minusgeschäft.

Denn bei den Ausleihen misst Amazon mit zweierlei Maß. Während große Verlage, um sie als Aushängeschild mit ins Boot zu holen, Ausleihen meist mit demselben Betrag vergütet bekommen, die sie auch für einen regulären Verkauf erhalten hätten, werden KDP-Select-Autoren lediglich über die Ausschüttung aus einem Fonds entlohnt.

Das ist ein wenig wie eine Lotterie: Die Höhe des Fonds steht nicht im Vorfeld fest und der Anteil am Fonds, den man pro Ausleihe erhält, richtet sich nach der Gesamtzahl aller während des Monats ausgeliehenen Bücher. Je mehr Bücher also in den vergangenen Wochen ausgeliehen werden, desto weniger Geld entfällt auf die einzelne Ausleihe. Durch den bisherigen Erfolg von Kindle Unlimited sank dieser Betrag im Oktober 2014 von 1,62 € im Vormonat auf einen historischen Tiefstand von 1,07 € – und damit ist meiner Meinung nach das Ende der Talfahrt noch lange nicht in Sicht.

Das liegt auch daran, dass Kindle-Unlimited-Abonnenten, die nun ja nicht mehr auf den Preis der Bücher achten müssen, bevorzugt teure eBooks aus Verlagen ausleihen, damit es sich für sie auch so richtig lohnt. Die Ausschüttung an diese Verlage (Ausleihe = derselbe Betrag wie für einen Kauf) reduziert den Umfang des Fonds, der später noch an die Selfpublisher ausgeschüttet werden kann, drastisch.

Was übrig bleibt, ist so etwas wie Amazons Version der Armenspeisung. Es wird sozusagen immer mehr Wasser an die Suppe gekippt, damit sie noch für alle reicht – aber das Ergebnis schmeckt immer weniger Autoren…

Pikanterweise vergütet Amazon dabei jede der über den Fonds abgerechneten Ausleihen gleich. Wer also ein Buch zur Ausleihe anbietet, das regulär 8,99 € kostet, erhält pro Ausleihe denselben Betrag wie der Autor einer Kurzgeschichte, die ansonsten für 99 Cent erhältlich ist.

Demzufolge sind Kurzgeschichtenautoren, die ihre Geschichten über Kindle Unlimited anbieten und geschickt vermarkten, die klaren Gewinner von Amazons Lese-Flatrate. Denn hier erhält der Autor für eine Ausleihe immer noch deutlich mehr, als er normalerweise an Tantiemen (35% des Netto-VK, also nach der neuen Mehrwertsteuer-Regelung von Januar 2015 für eine 99-Cent-Geschichte also gerade mal 29 Cent) erhalten würde.

Kurzgeschichten haben auf dem Kindle-Unlimited-Markt noch einen weiteren Vorteil: Sie sind schnell gelesen. Wer also gerne Kurzgeschichten liest und sich die Kindle-Unlimited-Flatrate gebucht hat, kann sich beispielsweise in jeder Mittagspause eine neue Kurzgeschichte eines seiner Lieblingsautoren zu Gemüte führen. Für den Autor kann das am Ende des Monats zu lukrativen Einnahmen führen – und der Flatrate-Leser fühlt sich gut unterhalten, zumal er ja für die einzelnen Kurzgeschichten nichts mehr extra bezahlen muss.

Auch wenn ich meine Schreibratgeber zu Anfang Januar aus KDP Select heraus nehme, habe ich vor, nächstes Jahr ein paar neue Kurzgeschichten über Kindle Unlimited anzubieten – allein schon als Experiment, ob hier das Rechenexempel aufgeht.


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