Ein ebenso spannende wie ungewöhnliche Story und das auch noch mit literarischem Anspruch, ebenso gut geschrieben wie raffiniert gebaut? Ja, das alles ist „Die amerikanische Nacht“ von Marsisha Pessl, 2013 bei S. Fischer erschienen. Darin spürt der Reporter Scott McGrath dem Tod eine ebenso geheimnisvollen wie schönen jungen Frau nach, der Tochter des ebenso geheimnisumwitterten wie genialen Filmemachers Stan Cordova, dessen düstere Filme die Grenzen dessen ausloten, was Menschsein ausmacht. Scott begibt sich tiefer und tiefer in Cordovas Welt, bis sich die Grenzen verwischen: was ist real, was Fiktion, was pure schwarze Magie?

Der Roman balanciert sehr geschickt auf dieser Grenze zwischen Realität und Fantastischem und sorgt auch damit dafür, dass es selbst auf den 800 Seiten der deutschen Übersetzung nicht einen Moment langweilig wird. Ein solches Buch eines deutschen Autors hätte in Deutschland keine Chance, in einem der großen Verlage publiziert zu werden. Denn es ist da, wo für mich ein Roman hingehört: mittendrin in fesselnder Unterhaltung und anspruchsvoller Literatur zugleich. Den Literaturverlagen hätte der Roman zu viel Plot und zu viel Gefühle, den Unterhaltungsverlagen hätte er zu viel Literarisches, zu viel Komplexität, zu viele Gimmicks in Form von abgebildeten Websites und Fotos, ein zu unklares Genre und vor allem zu viele Seiten.

So aber werden wir weiter solche Meisterwerke nur von Autoren lesen dürfen, die nicht auf Deutsch schreiben. So wird die deutschsprachige Literatur aller Gattungen international weiterhin ein Schattendasein führen. Blicken wir also weiterhin über die Grenzen.

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