Eine Kreativsession bei der Agentur Literaturtest

Die Büroräume der Agentur Literaturtest liegen mitten in Berlin zwischen Hackescher Markt und Monbijoupark*, der Blick durch die großen Fenster gleitet die paar Meter über die Spree zur Museumsinsel, wo die Ideen alter Meister Gestalt geworden sind. Ich bin wegen neuer Ideen hier – und um einen Gewinn einzulösen. Mein Schreibratgeber »Schneller Bestseller – Bessere! Romane! Schreiben! 3« hat 2013 den zum ersten Mal ausgelobten Indie-Autorenpreis der Leipziger Buchmesse und von neobooks, einer Tochter von Droemer-Knaur, gewonnen. Der Gewinn ist ein professionelles Foto-Shooting und eine Kreativ-Session von Literaturtest. Den Weg nach Berlin angetreten habe ich wegen Letzterem.

»Literaturtest«, so beschreibt Gabi Schmidle ihren Arbeitgeber, »bietet als Full-Service-Agentur PR, Marketing und Content aus einer Hand. Zu unseren Kunden zählen vornehmlich Autoren, Verlage und Buchhandlungen. Ausgehend von den Produkten, die sie in Szene setzen möchten, und den Zielen, die sie sich dabei gesetzt haben, entwickeln wir passgenaue Konzepte, Kampagnen und Inhalte. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch unsere Marke Literaturfilm, unter der wir Buchtrailer produzieren und sie an buchaffine Websites, Blogs etc. verteilen.«

Zuerst konnte ich mir unter Kreativ-Session wenig vorstellen. Kreativ bin ich, schon fast zu kreativ, die Ideen für Schreibprojekte, ob Roman oder Sachbuch, reichen für den Rest meines Lebens, selbst wenn ich noch als Hundertjähriger die Kraft haben sollte, aus dem Fenster zu steigen und in mein Schreibcafé zu pilgern. Aber ich weiß auch: Bessere Ideen stehlen guten die Schau. Und bessere Ideen braucht es, um auf dem Buchmarkt wahrgenommen zu werden.

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»Schneller Bestseller — Bessere! Romane! Schreiben! 3«
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Preis der Leipziger Buchmesse & neobooks. Gedruckt und als E-Book.

 

Schneller Bestseller -- Info

Mit fünfzig Schneller-Bestseller-Tricks

„Ein Ratgeber, wie er sein soll. Witzig, provozierend, unterhaltend, die Inhalte exakt und ohne Umschweife auf den Punkt gebracht und mit vielen Beispielen anschaulich belegt.“ (Aus der Laudatio)

Inhalt, Vorwort, Probekapitel (PDF)

Buch: Inhalt, Leseprobe, Rezensionen, versandkostenfrei bestellen
Kindle: Inhalt, Leseprobe, Rezensionen & Download
ePub: Info & Download
ISBN-13: 9783847653790

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Leiten, aber auch selbst als kreative Kraft daran teilnehmen, wird die Session Gabi Schmidle, die sich vor allem um die Sparte »Literaturfilm« und das Projektmanagement kümmert (siehe auch das Interview im Kasten). In einem Vorgespräch am Telefon erklärt Sie mir den Ablauf und was ich dazu tun sollte. Die Kreativ-Session ist zunächst Brainstorming. Je nach Thema und Wunsch können die dort erstürmten Ergebnisse weiter konkretisiert werden. Meine Aufgabe ist es, mir noch daheim Fragen zu überlegen, die die Hirne eines kreativen Stabs von Mitarbeitern der Agentur und auch meins zum kreativen Glühen bringen. Vier Stunden und vier Leute stehen mir für meine Frage zur Verfügung. Neben Frau Schmidle sind das die Mit- und Querdenkerinnen Anna Kayer, Laura Müller und Miriam Wienhold. Ich bin unverschämt und möchte gleich zu zwei Themenkreisen neue Ideen finden.

Was sich als gute Entscheidung erweist, denn an beide Themen führt Gabi Schmidle uns auf ganz verschiedene Weise heran. Im ersten Teil der Session suchen wir Themen für neue Schreibratgeber**. Im zweiten Teil geht es um ein populäres Sachbuch**. Hier soll das Brainstorming mir dabei helfen, aus einem Pool an Interessen ein spannendes, neues, überraschendes Thema für ein Sachbuch zu kreieren.

Vor jeder Session wärmt Frau Schmidle unsere Ideenmuskeln auf. Die erste Aufgabe: Assoziiere zu einer Liste von zehn Wörtern zehn Begriffe und schreibe eine Geschichte, in der alle zehn assoziierten Wörter vorkommen. Zeit: zehn Minuten. Erstaunlich, wie vielfältig die Ergebnisse sind. Vor allem aber zeigen sie: Wir alle sind bereit, wir brummen vor Ideen.
Unsere zweite Aufgabe: eine Liste aufzustellen aus Begriffen, die im weiteren Sinn etwas mit dem Thema zu tun haben. Dann eine zweite Liste aus konkreten Wörtern, die uns einfallen, ganz egal zu welchem Thema. Frau Schmidle schreibt an der Tafel mit. Das Ergebnis sind zwei Listen – die wir, unsere dritte Aufgabe, nun verknüpfen. Semantische Intuition nennt sich das Verfahren, und heraus kommen Kombinationen wie der »E-Book-Hund« oder die »Coach-Nacht«.
Diese sonderbaren Kombinationen ziehen ihre Kraft gerade eben aus ihrer Merkwürdigkeit. Denn die soll, in der vierten Aufgabe, zu konkreten Vorschlägen für neue Schreibratgeber führen. Und das tut sie. Die Ideen prasseln im Sekundentakt. Zentral beim Brainstorming: Kritik, überhaupt Negatives ist verboten, erlaubt ist dagegen das Weiterentwickeln von frisch erstürmten Gedanken der anderen Teilnehmer. Nach zwanzig Minuten stehen über vierzig konkrete Ideen an der Tafel. Das ist eine Menge und das ist erst einmal genug – denn Brainstorming sollte nicht zu lange dauern, nach spätestens einer halben Stunde nimmt die Leistung der Hirnstürmer erwiesenermaßen deutlich ab.

Ideenausschnitt Kreativsession Waldscheidt 1

Nach einer kurzen Pause – mein Hirn tickert noch nach wie ein geforderter Motor – gehen wir in den Glaskasten. Das ist ein winziges Büro im Büro mit gläsernen Wänden, an denen Frau Schmidle bereits den zweiten Teil der Session vorbereitet hat. Zu fünf von mir eingereichten Themen hat sie im Vorfeld Begriffe, Wortgruppen, Bilder und kurze Artikel herausgesucht, intuitiv, und die an die Glaswände gepinnt – als Parcours für unsere Ideen.
Bevor es zur Sache geht, absolvieren unsere grauen Kreativzellen eine neuerliche Aufwärmübung: Frau Schmidle zeigt uns einen Kleiderbügel und dann sagen wir reihum, was man mit dieser Form alles anstellen könnte. Mir fällt spontan eine Wünschelrute ein, keiner überlegt, die Hirne spucken, eingefahren und auf Betriebstemperatur, die Begriffe nur so aus.
Dann geht es zur eigentlichen Themenfindung. Zu fünft tänzeln wir umeinander herum, mindestens einer schreibt immer an das Whiteboard, manche Ideen klingen zunächst verrückt – »Apps & Downs« oder auch »Die 50 pfiffigsten DNA-Rezepte«, andere leuchten auf Anhieb ein und werden, sorry, hier nicht verraten. Das Beste: Auf diese Weise entstehen Themenkombinationen, die neu sind und tatsächlich originell. Eine halbe Stunde später überziehen bunte Ideen das Whiteboard, hier stehen Buchtitel, dort Satzfragmente, Ein-Wort-Einfälle, kleine Geschichten – genug Material für das Herbstprogramm von Random House.
Von hier aus könnte man noch weitergehen, die Ideen konkretisieren. Doch das, was wir gemeinsam erdacht haben, ist zum Teil so konkret, dass mir auf Anhieb eine Menge dazu einfällt. Schon im Treppenhaus auf dem Weg nach unten schält sich eine Idee als besonders spannend heraus. Das ist ein Thema, über das so noch niemand geschrieben hat – und wird natürlich nicht verraten.

Ideenausschnitt Kreativsession Waldscheidt 2

Klar, auch im Internet und in Büchern findet man Anregungen und Hilfsmittel zur Steigerung der kreativen Potenz. Der Vorteil einer solchen Session ist klar der: Hier bringen andere Hirne Ideen ein, auf die der eigene Ideengenerator nie gekommen wäre. Auf diese Weise entstehen neue Kombinationen und erweitern das eigene Spektrum erheblich.
Dann werde ich das mit dem Schreiben demnächst mal erledigen. Danke, ihr Literaturtester, Querkreativistinnen und Ideenherauskitzler. Ach, wenn mir die Session doch nicht nur großartige Ideen, sondern auch mehr Zeit beschert hätte, diese Einfälle umzusetzen. Ich werde mal rüber auf die Museumsinsel gehen, vielleicht haben die Alten Meister ja dafür einen neuen Vorschlag.

Stephan Waldscheidt

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Inside Literaturtest – Ein Interview mit Gabriele Schmidle
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Was macht an Ihrer Arbeit am meisten Spaß?

Meine Arbeit ist sehr vielseitig, das erhöht eindeutig den Spaßfaktor! Ich leite den Filmbereich, konzipiere und koordiniere Trailer-Produktionen, bin im Bereich Consulting für die Konzeption und Durchführung von Strategie- und Kreativworkshops zuständig und zudem Ansprechpartnerin für digitale Produkte, etwa unsere kürzlich lancierte App-Lösung für Verlagsvorschauen. Dies sind „meine“ Bereiche, die mir auch deshalb sehr viel Spaß machen, weil ich die Prozesse in ihnen selbst steuern kann.

Geben Sie mir doch bitte mal zwei oder drei Beispiele, für welche Art von Fragestellung und Kunde Sie welche Kreativitätstechniken benutzen? Was kam am Ende dabei heraus? Je konkreter, desto besser. Namen müssen Sie natürlich keine nennen, dürfen Sie aber.

Für ein Stuttgarter Verlagshaus habe ich beispielsweise einen eintägigen Kreativworkshop in einer Runde mit 12 Teilnehmern durchgeführt. Ziel war es, neue Produktideen für einen bestimmten Themenbereich zu generieren. Dafür habe ich einen Ideenparcours entwickelt, der aus Trends, Bildern und Headlines bestand. Die Teilnehmer ließen sich inspirieren und schrieben all ihre Ideen auf – insgesamt waren es über 100, von denen die 10 besten in Teams weiterentwickelt wurden.
Ein anderer Verlag wollte für einen Spitzentitel im Team möglichst viele ungewöhnliche Ideen für Marketingmaßnahmen entwickeln. Die Herausforderung war es, die Teilnehmer zum „Neudenken“ anzuregen. Ich griff daher zur „Semantischen Intuition“, einer sehr effektiven Technik. Hierbei werden zwei sehr unterschiedliche Wortgruppen miteinander kombiniert, sodass verrückte Wortschöpfungen entstehen, die neue Bilder im Kopf erzeugen. Diese Begriffe werden nun als „Katapult“ für neue Ideen genutzt.

Bei welchen Fragestellungen könnte Ihre Agentur auch Autoren weiterhelfen? Mit welchen Kosten müsste ein Autor dabei, ganz grob, rechnen? Dabei können Sie gerne auch auf andere Dienstleistungen als Kreativsessions eingehen, also etwa Buchtrailer.

Generell unterstützen wir Autoren dabei, die größtmögliche Aufmerksamkeit für ihre Titel zu erhalten, z. B. durch Pressearbeit, Veranstaltungen, Buchtrailer oder Social-Media-Aktionen. Manchmal ist es aber auch sinnvoll, im Vorfeld einen Kreativworkshop durchzuführen, um auf individuell passende und durchaus auch ungewöhnliche Maßnahmen zu kommen. Die Kosten für einen solchen Workshop liegen, je nach Zuschnitt, zwischen 500 und 1.500 Euro.
Im Marketing werden – gerade für Autoren – Filmformate immer wichtiger. Unter unserer Marke Literaturfilm produzieren wir u. a. Autorenporträts, animierte Buchtrailer und Veranstaltungsfilme. Ab Herbst werden wir auch ein Studioformat zu einem sehr attraktiven Einstiegspreis anbieten können.

Denken Sie, dass sich in Zukunft die Selfpublisher unter den Autoren weiter in schreibfernen Bereichen professionalisieren müssen, z. B. im Umgang mit sozialen Netzwerken, Buchtrailern usw.? An welche Bereiche denken Sie da vor allem? Oder sollten sich Autoren vor allem auf das konzentrieren, was sie am besten können: schreiben?

Es ist natürlich hilfreich, wenn es Autoren gelingt, ihren Auftritt zu professionalisieren. Aber sie sind – wie jeder Mensch – dann überfordert, wenn sie selbst auf professionellem Niveau nicht nur schreiben, sondern auch posten, fotografieren, filmen und layouten sollen. Daher ist es sinnvoll, sich in der Selbstvermarktung auf die Aspekte zu konzentrieren, die einem liegen – etwa die Pflege des eigenen Facebook-Accounts; und sich ansonsten dort Hilfe zu holen, wo man Experte weder sein kann noch will.

Mehr Info: www.literaturtest.de
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*) Inzwischen ist die Agentur nach Kreuzberg in geräumigere Büros umgezogen.
**) Die Ideen und Themen, um die es ging, werden vom Autor nur gegen Vorlage eines gültigen Verlagsvertrags verraten.

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