Nein, es sind nicht Dichtungsringe aus dem Bauhaus.

Das Wort „dicht“ hat hier tatsächlich eine Bedeutung. Erschreckenderweise ist nicht allen Autoren klar, dass Wörter und Sätze tatsächlich eine Bedeutung haben, sonst würden sie nicht so unbedacht mit überflüssigen Wörtern oder Begriffen um sich werfen, die nur so grob und tendenziell das treffen, was sie sagen wollen. Was zugleich ziemlich ironisch ist.

Ein dichter Roman ist einer mit einer eng gewebten Story, sprich: Die einzelnen Erzählfäden berühren einander immer wieder und laufen dich nebeneinander her. Wie etwa in Peter V. Bretts Fantasy-Epos „The Painted Man“.

Darin wird eine der Hauptfiguren, Rojer, als kleiner Junge bei einem Angriff von Dämonen zur Waise. Mit Schuld daran ist der Jongleur Arrick. Der nämlich hat es so eilig, seinen eigenen, kariert gekleideten Arsch in Sicherheit zu bringen, dass er dabei Arricks Mutter einem Dämon in den Weg stürzt, um selbst Zeit genug zu finden, unter der Luke im Keller zu verschwinden. Das aber läuft nicht ganz so, wie sich das Arrick vorstellt. Denn die todgeweihte Mutter kann Arrick noch den kleinen Rojer in die Arme drücken, bevor der Dämon sie tötet.
Von schlechtem Gewissen geplagt und ein Herz offenbarend, nimmt Arrick sich des Jungen an und zieht ihn wie den eigenen Sohn auf.

Jahre später, Rojer ist beinahe erwachsen, wird er von Dämonen angegriffen. Es ist niemand anderer als Arrick, der sich für Rojer opfert. Ein Kreis schließt sich.

Weniger dichtes Storytelling hätte Rojer womöglich von einem anderen retten lassen. Die dichter erzählte Fassung aber bekommt sehr viel mehr emotionale Wucht und fühlt sich zugleich richtiger, gerechter an.

Als Bonus guten Erzählens arbeitet Autor Brett in der Szene auch noch mit einer starken Symbolik. Nach dem Tod seiner Mutter blieb Rojer nichts weiter als eine Haarsträhne von ihr. Die klebte er einer kleinen Holzpuppe an, die zu seinem Talisman wurde.
Die Holzpuppe wurde beim Angriff der Dämonen verbrannt. Doch Rojer nimmt sich eine Strähne von Arricks Haaren und bastelt sich daraus eine neue Puppe, einen neuen Talisman.

So sieht gutes, dichtes Erzählen aus.

Nachmachen!