Heute an einem neuen Ford Edge vorbeigekommen. Auf dem Wagen stand Werbegedöns, etwas mit „innovativ“. Das Adjektiv hatte auch ein Adverb vornedran. Bezeichnend, dass ich mich an das Adverb nicht mehr erinnern kann, mehr noch: Es liefert ein Indiz für die Richtigkeit meiner Hypothese. Zu der komme ich gleich.

Adverbien sind bei vielen stilbewussten Autoren in Verruf geraten. Stephen King hasst sie. Ich versuche sie zu vermeiden und spreche mich meistens gegen sie aus.
Bis heute.

Falls meine Hypothese stimmt, könnten Adverbien durchaus ihre Berechtigung und ihre Wirkung haben. Allerdings eine andere, als es die meisten Adverbienverwender beabsichtigen.

Adverbien werden dazu benutzt, Adjektiven oder Verben einen Mehrwert zu geben. Nehmen wir eine erfundene Anzeige. Diese preist ein SUV als „überzeugend innovativ“ und „vielfältig effizient“. Damit will der Werbende erreichen, dass der Beworbene den Wagen als besonders innovativ und besonders effizient wahrnimmt — Adverbien dienen häufig der Steigerung.

Meine Hypothese sagt:
In vielen Fällen haben solche Steigerungsadverbien keinerlei steigernde Wirkung, sie bieten keinen Mehrwert. Dafür leisten sie etwas anderes: Sie verankern das Adjektiv, das sie steigern sollen. Will heißen: Der Beworbene oder Leser merkt sich hier nicht, wie überzeugend und nicht mal wie besonders innovativ der Wagen ist. Sondern lediglich die Adjektive selbst: innovativ und effizient.
Statt also die Adjektive wie beabsichtigt zu steigern, tragen die Adverbien lediglich dazu bei, die Adjektive besser wahrzunehmen und zu erinnern.

Das könnte sogar bei Adjektiven der Fall sein, wenn sie einem Substantiv beigestellt werden — sofern diese Adjektive schwach oder abstrakt sind.
Wie etwa in der Anzeige unten:
„Überzeugende Qualität“ und „Ausgezeichnete Effizienz“.
Nach meiner Hypothese merkt sich der Leser hier Qualität und Effizienz. Was ja schon ein Erfolg für den Werber ist.

Das Gleiche gilt dann auch für die Romane, die Sie schreiben. Und daraus folgt mein Schreibtipp:

Verwenden Sie Adverbien vor Adjektiven nur dann, wenn Sie die Adjektive selbst prägnanter machen wollen.
Verwenden Sie schwache oder abstrakte Adjektive vor Substantiven nur dann, wenn Sie die Substantive selbst prägnanter machen wollen.
In beiden Fällen gilt: Das prägnanter machen sollte dann aber auch von Ihnen so gewollt sein.

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Was halten Sie von diesem Gedankengang?