Eine junge Autorin hat mich um Starthilfe gebeten. Das sind meine Tipps für Roman-Einsteiger:

* Der Einstieg ins Schreiben sollte Ihnen möglichst leichtfallen. Sprich: Probieren Sie verschiedene Methoden aus und verfolgen Sie dann die weiter, die Ihnen am besten liegt und mit der Sie die besten Ergebnisse erzielen.

* Lassen Sie sich nicht von allen möglichen Aussagen und Regeln verunsichern. Finden Sie heraus, womit Sie am besten zu Rande kommen und gehen Sie diesen Weg konsequent. Holen Sie sich guten Rat, wo immer Sie ihn finden können, aber ignorieren Sie die Miesmacher und Besserwisser. Es ist Ihr Roman, nicht der von jemand anderem.

* Planen Sie zu Anfang nicht zu detailliert und nicht zu viel. Sammeln Sie erst einmal Erfahrungen beim Schreiben. Lernen Sie. Lassen Sie sich Zeit. Erwarten Sie nicht, dass Ihr erster Roman gleich veröffentlicht wird oder gar ein Bestseller. Picassos erstes Bild war auch noch kein Meisterwerk. So gut wie jeder Autor schreibt erst mal einige Romane, bevor einer tatsächlich gut genug ist, ihn zu veröffentlichen. Aber Sie haben einen Vorteil: Sie fangen schon sehr jung damit an.

* Hilfreich zu Anfang ist es, sich die Grundlagen eines Romans klarzumachen und zu verstehen, was Sie für den eigenen Text bedeuten.

— Konflikte sind der Motor eines Romans. Ohne Konflikte keine Geschichte. Ein Konflikt entsteht dann, wenn ein Charakter (der Protagonist) ein Ziel hat, ihm aber Dinge an der Erreichung des Ziels hindern. Diese „Dinge“ können auch andere Menschen sein, vor allem der Gegenspieler, der Antagonist.

— Ein Roman sollte den Protagonisten bei dem Versuch begleiten, ein (!) zentrales (!) Ziels zu erreichen. Bei „Der Herr der Ringe“ ist dieses zentrale Ziel, den Einen Ring in den Schicksalsberg zu werfen.

— Klingt banal, ist aber wichtig: Ein Roman hat Anfang, Mitte und Schluss. Daher hat sich die Drei-Akte-Struktur etabliert. Sie hilft Ihnen dabei, zu wissen, was Sie zu einem bestimmten Punkt in dieser Struktur schreiben müssen. Der erste Akt heißt Exposition. Hier wird vor allerm Protagonist, seine Welt, sein zentrales Problem vorgestellt. Der zweite Akt heißt Eskalation — und genau darum geht es darin auch: Das Ziel wird zunehmend schwieriger zu erreichen, weil die Hindernisse immer größer werden. Der dritte Akt heißt Resolution. Hier, in der Auflösung, wird der zentrale Konflikt aufgelöst, und zwar im Höhepunkt (Climax), der in keinem Roman fehlen darf.

— Beim Schreiben hilfreich ist es, wenn Sie sich an Meilensteinen innerhalb dieser Struktur orientieren. Das sind vor allem der Aufhänger (packt den Leser und zieht ihn in die Geschichte), das auslösende Ereignis (setzt die eigentliche Handlung in Gang), der Plotpoint1 am Ende des ersten Akts (wo sich der Protagonist auf sein zentrales Ziel einschwört. Gleichzeitig ein Punkt ohne Wiederkehr), der Midpoint (die Handlung bekommt einen neuen Dreh, der Protagonist geht vom Reagieren, etwa auf Angriffe des Antagonisten, über ins Agieren), die Krise (gegen Ende des zweiten Akts, wo alles verloren scheint), danach gleich der Plotpoint2 (wo der Protagonist seine Taktik und oft auch sich selbst ändert, um sein Ziel zu erreichen) und schließlich der Höhepunkt (wo der Protagonist sein Ziel erreicht [= Happy End], oder wo er scheitert).
Über diese Struktur finden Sie viele Infos im Weg. Einfach mal googeln.

— Spannung entsteht durch unaufgelöse Konflikte. Sorgen Sie immer dafür, dass zu jedem Zeitpunkt mehrere Konflikte ungelöst sind (wie ein Jongleur, der immer ein paar Bälle gleichzeitig in der Luft hat). So halten Sie den Leser immer gespannt. Sprich: Bevor Sie einen Konflikt auflösen, sollten Sie schon wieder einen neuen ins Spiel bringen.

— Spannung kann nur dann entstehen, wenn der Leser weiß, was auf dem Spiel steht, und wenn genug auf dem Spiel steht. Das heißt: Was passiert, wenn der Protagonist in Szene X sein Ziel dieser Szene nicht erreicht?

— Betrachten Sie jede Szene, die Sie schreiben, als eine eigene kleine Geschichte mit eigener Struktur: Der Held braucht ein Ziel darin, er stößt auf Hindernisse, es gibt Konflikte, es gibt Wendepunkte im Kleinen wie im Roman im Großen.

— Lesen Sie viel. Gehen Sie ins Kino. Filme sind besonders gut dazu geeignet, die Erzählstrukturen zu lernen.

— Lesen Sie Ihre eigenen Texte laut vor.

— Überarbeiten Sie alles mehrfach.

— Trennen Sie planen, schreiben und überarbeiten. Jedes davon fordert einen anderen Teil Ihres Hirns. Finden Sie heraus, was Sie wann am besten können.

— Schreiben Sie regelmäßig. Machen Sie es zu Ihrer festen Gewohnheit. Lassen Sie keine Ausreden zu.

So, das ist das, was mir spontan als essenziell einfällt. Denken Sie daran: Es gibt keine Regeln. Aber es gibt Dinge beim Erzählen, die sich im Lauf der Jahrhunderte etabliert haben, und zwar weil sie gut funktionieren. Schreiben ist auch Handlwerk.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein wenig den Einstieg erleichtern. Und: keine Panik. Jeder Roman besteht auch nur aus einem Wort hinter dem anderen. Konzentrieren Sie sich auf überschaubare Ziele: die nächste Szene, den nächsten Satz, das nächste Wort. Dann wirkt so ein großes Vorhaben plötzlich ganz überschaubar.


Schreibratgeber & Autorenratgeber für Ihren Bucherfolg


Zur Seite der Federwelt